Causa Guttenberg – Offener Brief von Doktoranden an die Bundeskanzlerin

Ich hab’s schon geschrieben: Der Fall Guttenberg nervt mich ohne Ende! Allerdings muss ich zugeben, dass mich dieser Fall, der gerade jetzt erst wirklich unglaublich wird, genau deshalb auch nicht loslässt. Je mehr man im TV oder in der Presse Meinung und Reaktionen mitkriegt, desto mehr regt man sich auf.

Wie sehr ich über die Rückgratlosigkeit des Herrn zu Guttenberg empört bin, der offensichtlich ein Wertekorsett aus Schaumgummi trägt, habe ich schon geschrieben.

Wenn ich allerdings sehe, wie in konservativen Kreisen mit dieser Geschichte umgegangen wird, platzt mir der Kragen. Diese scheinheilige Politeusenmischpoke verkauft wirklich noch ihre letzten Werte auf dem Markt der öffentlichen Meinung, nur, um ihre vermeintliche Galionsfigur nicht zu verlieren. Randbemerkung: Vielleicht sogar auch um andere aus der Schusslinie zu halten? Zum Beispiel Westerwelle? Das ist nämlich wirklich der einzige schwarz-gelbe Politiker, der im Moment von dieser Lage profitiert. Wer kümmert sich um den denn gerade noch?

Doch als ob das nicht schon schlimm genug wäre, … der offensichtlich überwiegende Teil der Öffentlichkeit kauft denen diese Scheinheiligkeiten auch noch ab. Die Argumentationen aus dem konservativen Lager, die in der Aussage der Kanzlerin gipfeln, dass sie keinen wissenschaftlichen Assistenten eingestellt habe, ist tatsächlich der absolute Gipfel der Schizophrenie, weil diese Aussage impliziert, dass wissenschaftliche Ausbildung, zertifiziertes Wissen und entsprechende Grade offensichtlich für das politische Geschäft belanglos sind. Na danke, da weiss man dann ja jetzt, warum diese Regierung derart oft gegen besseres Wissen und den gesunden Menschenverstand handelt.

Zurecht empören sich jetzt (endlich) auch die direkt Betroffenen laut und deutlich. Ein Professor der Uni Bayreuth hat schon ein entsprechend deutliches Interview gegeben, das mit der einzig richtigen Frage endet: Wie kann ein Mann, der offensichtlich (weil nach eigenen Angaben) weder einen Überblick über das Ausmaß seiner Täuschung hat, noch zu erklären im Stande ist, wie so etwas zustande kommen konnte, wie also, kann so ein Mann dazu befähigt sein, ein Ministeramt in einem 80-Millionen-Land auszuüben, und dabei auch noch eine der schwierigsten Reformen der letzten 40 Jahre zu leiten?

Doch ausser diesen deutlichen Worten von Professor Oliver Lepsius (sucht bei YT unter diesem Namen) gibt es jetzt (endlich!) auch eine deutliche Meinungsäusserung der betroffenen akademischen Kreise:

Causa Guttenberg – Offener Brief an Angela Merkel:

Diese Initiative begann mit der gemeinschaftlichen Erstellungen eines Offenen Briefes durch einige Doktorandinnen und Doktoranden, der am 24. Februar 2011 veröffentlicht wurde.
Der immense Rücklauf hat uns überwältigt. Dass wir uns hier zunächst nur an Wissenschaftler gewendet haben, war kein elitärer Dünkel. Wir haben bloß ehrlich gesagt nicht mit so einer Reaktion gerechnet. Danke!

Den kompletten Brief, in dem endlich deutliche Worte Richtung Regierung gefunden werden, kann man sich durchlesen, wenn man dem Link (oben) folgt. Es dürfen auch Nicht-Akademiker unterzeichnen. Der Brief fand bisher schon gute Resonanz, sollte aber noch wesentlich mehr Unterzeichner finden.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

als Doktorandinnen und Doktoranden verfolgen wir die gegenwärtige Diskussion um die Plagiatsvorwürfe gegen den Bundesminister der Verteidigung, Herrn Karl-Theodor zu Guttenberg, mit großer Erschütterung und noch größerem Unverständnis. Wir haben den Eindruck, dass Sie mit aller Macht versuchen, einen Minister zu halten, der trotz massiver Gegenbeweise immer noch die Behauptung aufrecht erhält, er habe in seiner Doktorarbeit nicht bewusst getäuscht.

Mit dieser Vorgehensweise beschädigen die Bundesregierung und die Abgeordneten der Koalition nicht nur sich selbst, sondern viel mehr. […]

Bis zu diesem Moment haben 15153 Bürger diesen Brief mit unterzeichnet, doch das müssen noch sehr viel mehr werden. Genau deshalb hacke ich jetzt auf die Schnelle diese Zeilen ins Blog. Wer dies liest und mindestens einaml zustimmend genickt hat, der sollte den Brief lesen und ihn unterzeichnen, und ausserdem seine Kontake auf diesen Brief aufmerksam machen.

 

2 Kommentare zu „Causa Guttenberg – Offener Brief von Doktoranden an die Bundeskanzlerin“

  1. Jetzt hört doch auf die.. v. Guttenberg Sache ist gegessen. Sie kennen die Deutschen nicht. Sie lieben den Verrat und hassen den Verräter. das meint — wer immer diese Geschichte ausgegraben hat, der hat doch im Auftrag gehandelt. die Oposition hat doch angekündigt. Wir werden die Union vor uns hertreiben uns ist jedes Mittel recht. das Volk weis doch, das wir alle aus dem i-net abschreiben . wo ist der Unterschied ? Ob ich mich im i-net schlau mache oder abschreibe? es gibt Leute, die haben ein photografisches Gedächnis. v. Guttenberg hat das glaube ich. was sollen diese nicht endenwollente Anschuldigungen? Viele Zeitungen sind im Besitz der Oposition. Das Volk ist schlauer als sie denken. Als Deutscher muss man sich schämen. Wenn, Mr. Polemik – Trittin mit einem höhnischen, ironischem, allwissentem, Gesichtsausdruck über v. Guttenberg herzieht, damit erweckt er in mir abgrundtiefe Verachtung. Dieser Mensch sieht nur sich und seine rot-grüne Geschwister Künast und Roth. Alle Fanatiker ihrer Ideologie. Man sollte dieses Trio wegen Volksverhetzung anklagen. Trittin, ein Satan, ein perverterer Ökofanatiker. Wenn er jemand persönlich, verletzend fertig gemacht hat, drückt sein Gesicht eine Befriedigung aus. Ich sage dieser Mensch (nicht Mann) ist krank.v. Guttenberg fertig zu machen war für Ihn das Grösste. Ich fühlte mich zurück versetzt in die Kriegsverbrecher Anklage in Nürnberg. Das hat nichts mehr mit einer Anklage zu tun , das war blanker Hass. Ausländer verfolgten mit mir Trittin’s Hassrede, ohne etwas zu verstehen. „Dieser Mann krank? Idiota?

  2. Herr Lorenz, ich bedanke mich für den ausführlichen Kommentar, und stimme Ihnen in weiten Teilen zu: Ich bin sicher, dass da garantiert schon längere Zeit jemand nach Angriffspunkten gegen Herrn zu Guttenberg gesucht hat. Davon darf man, glaube ich, ohne sich zu weit auf das Gebiet der Spekulation zu begeben ausgehen.Dummerweise hat man dann aber eben etwas gefunden, was sich als ziemlich heftiges Geschoss herausgestellt hat. Jetzt muss sich Herr zu Guttenberg und mit ihm große Teile des konservativen Lagers an ihren eigenen Werten und Postulaten messen lassen. Das aber nicht – und das ist der springende Punkt – wegen der Sache an sich, sondern wegen ihres Umgangs damit.Mir ging es, wie oben zu lesen, ja auch weniger um Herrn zu Guttenberg selber. Dazu nur soviel: Man muss auch mit photographischem Gedächtnis Recht und Gesetz achten. Ich finde seine Reaktionen, respektive Nicht-Reaktionen, und Äußerungen, gemessen an anderen Politikern vor ihm, einfach nur schwach. Damit ist er aber auch dann schon für mich abgefrühstückt. Ich finde diesen Mann unglaublich überschätzt. Das ist allerdings meine unmaßgebliche Meinung. Die muss niemand teilen.Mir geht es eher um die Polit-Kreise, die, gleich aus welchem Lager, in diesen Tagen nur allzu deutlich erkennen lassen, was wirklich für sie zählt: Hauen und Stechen im Polit-Superwahljahr-Dschungel. Es geht zu, wie beim Räuberschach: Da werden die eigenen Werte reihenweise als Bauernopfer verheizt, nur um die Dame zu schützen. Ich glaube übrigens, dass sich die Unionsparteien genau mit dieser Taktik gerade mächtig ins Knie schießen, aber das ist deren Problem und das interessiert mich nicht weiter.Nein, mir fällt auf: Die gleiche Union, die zum Beispiel Doping-Sünder wegen nachgewiesenen Betrugs am liebsten dauerhaft an den Pranger gestellt hätte und lebenslang mit Berufsverbot belegen wollte, will von solcherlei konsequentem Handeln im nachgewiesenen Betrugsfall Guttenberg nix wissen. Wie passt denn so etwas? Die Unions-Politiker hoben übrigens damals nicht auf eine gesundheitliche Gefährdung der Sportler ab, sondern auf Grundwerte und den Schutz der Nachfolgegenerationen. Bei Betrug im wissenschaftlichen Sektor soll das aber nicht gelten? Simple Frage: Warum?In diesem Fall braucht’s ja noch nicht mal eine starke Opposition. Diesen opportunistischen Umgang mit dem eigenen Wertekanon erkennt jeder, der jemals eine konservative Wahlkampfveranstaltung aus der Nähe erlebt hat. Nun ja, und da haut die Opposition eben im Moment drauf. In diesem Scharmützel ist es eben aktuell so, dass die Unionsparteien gerade eine Angriffsfläche bieten, die die Oppositionsparteien gar nicht verfehlen können.Nur um das mal noch zu sagen: Ich bin kein Trittin-Freund und kein Künast-Fan und kriege bei der Roth’schen Gutmenschenattitüde gelegentlich Pickel ins Gesicht. Ich hoffe auch, dass die deutschen Wähler tatsächlich schlauer sind, als einem das öffentliche Meinungsbild gerade vermittelt. Da bin ich sehr bei Ihnen. In dieser Sache geht es mittlerweile um grundsätzliche und wichtige Werte in unserer Gesellschaft. Das geht weit über Parteigrenzen hinaus und überfordert unsere aktuellen Politiker. Deshalb finde ich diesen offenen Brief, der Frau Merkel für ihre (hoffentlich nur) unbedachten Äußerungen rügt, so richtig und wichtig.

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