Eisberg und Luxusliner

Ich wusste es, aber es war mir nicht nicht bewusst!

Ich wusste, dass ich mein bisheriges Leben in der längsten Phase von Frieden und wachsendem Wohlstand geführt habe, die es in Deutschland und in Europa jemals gegeben hat. Ich wusste es, es war mir jedoch nie so präsent, wie es das in diesen Tagen ist, wo das alles täglich in Frage gestellt wird. Unumstößlich Geglaubtes wackelt und erweist sich als auf tönernern Füßen stehend. Leute wie Trump, Erdogan, Putin und die europäischen rechten Nationalisten von Petry über Wilders bis Le Pen rütteln an sämtlichen westlichen Säulen und sind dabei die Spitze des Eisbergs. Die Spitze eines Eisbergs, der aus  eingefrorener Angst, Meinung, Halbwissen, Gar-Nix-Wissen und uralten Ressentiments besteht.

Das Eisberg-Bild passt ganz gut, finde ich. Dieser Eisberg treibt durch’s Politikmeer und wenn eine Gesellschaft darauf zu steuert, reißt er sie gnadenlos unter der Wasserlinie auf. Das Ergebnis ist dann eben der drohende Untergang von dem, was wir als selbstverständlich und tragfähig angenommen haben. Ich stelle mir unsere Gesellschaft  gerade als Luxusliner vor. So ein typischer Luxusliner mit tollen Sonnendecks und exklusiven Bars, Pools und Showbühnen. Die sind aber für viele von uns unerreichbar, weil wir auf diesem Luxusliner eben nur Passagiere der dritten, vierten oder fünften Klasse sind. Ganz oben ist wie immer nur für ganz wenige Platz. Kennt man ja.

Einige wenige wollen diesen Luxusliner versenken. Immer. Extreme Spinner, die jenseits jeder argumentativen Erreichbarkeit leben. Andere wollen einfach nur nach oben auf die Sonnendecks. Eine große Menge von Leuten sitzt aber verteilt über alle Decks und hat einfach nur Angst vorm Untergang, weil man ihnen erzählt, dass da andere kommen, die ihnen die Plätze streitig machen. Währenddessen wächst der Eisberg aus gefrorener Meinung und wird zur konkreten Gefahr. Die verführte Masse sitzt derweil im Bauch des Schiffs, und will nur sehen und hören, was kaufertig und leicht verdaulich serviert wird. Und ja, ihre Angst ist berechtigt, denn käme es zur Katastrophe, wären sie unter den ersten, denen die kalte Brühe um die Beine läuft. Untergegangen und ersoffen an sich selbst erfüllender Prophezeiung. Was für eine Ironie.

Mag sein, dass dieses Beispiel an der ein oder anderen Stelle etwas hinkt, aber es beschreibt das Problem ganz gut, finde ich.

Einer der das Ruder seiner Gesellschaft  gerade voll auf Eisberg ausrichtet, ist dieser Wahnsinnige aus Washington. Lügenpresse, Fake-News, Trash-Journalismus sind seine Schlagworte: „Trump – die Medien sind eine Schande“

Was bei uns der rechts-nationalistische Sumpf rund um AfD und Konsorten auf seine Banner pinselt und durch die Städte trägt, schreit Trump, der gewählte Präsident einer der ältesten Demokratien auf diesem Planeten, in jedes sich bietende Mikrofon.  Sein Pressesprecher beschwert sich sogar darüber, dass die Presse sich wage in einem in kritischer Opposition zur Trump-Administration zu berichten und eigentlich doch gar nicht wüsste, warum Trump Präsident sei. Ich lese das und frage mich dann zunächst mal, ob ich auf einer Satireseite gelandet bin. Nein, bin ich nicht. Ok. Es ist also schlimmer als gedacht. Die nächste Frage wäre dann, ob den Herren in Washington mal einer Nachhilfe in Sachen Pressefreiheit, außerparlamentarischer Opposition und Demokratie geben kann.

Richtig schlimm wird es aber erst hier: „Keine Iraker, Iraner, Syrer…“

Die Haltung, die hinter diesem Statement steckt ist so widerlich, dass mir in der Tat übel wird. Die Tatsache, dass Trump damit alle christlichen Werte mit Füßen tritt, weil er die Religion, die er da gerade zu instrumentalisieren versucht nicht versteht, ist da schon beinahe nur eine amüsant-ironische Note.

Um es kurz zu machen: alleine das, was Trump in dieser Woche zu den Themen Außenpolitik, Presse, Folter und Menschenrechte von sich gegeben hat, ist schlimmer als alles was ich befürchtet hatte. Da kommen echt üble Zeiten auf uns zu.

Nochmal zurück zum Eisberg und unserem eigenen Luxusliner: den rechtsverdrehten Mitbürgern in unserem Land kann ich nur mit auf den Weg geben, was ich oben schon sagte: ihr werdet zum ganz großen Teil zu denen gehören, die als erste auf den unteren Decks Eiswasser schlucken, wenn die Dinge kommen, die ihr euch wünscht. Habt ihr „Titanic“ wirklich so gar nicht kapiert? Nein? Dann schaut USA, Staffel 45. Lohnt sich.

Zu diesem Thema hätte ich noch ein sehr schönes Video:

 

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