Hey Boss, ich brauch mehr Geld

Ist es populistisch, wenn man über diese Sache schreibt:

Die Abgeordneten des Bundestages bekommen in den beiden kommenden Jahren jeweils 292 Euro mehr Gehalt. Darauf verständigten sich die Fraktionen von Union, SPD und FDP. Derzeit liegen die monatlichen Bezüge bei 7668 Euro. Auch die Grenze der Wahlkampfkostenerstattung für die Parteien wird angehoben. -> Diäten der Bundestagabgeordneten steigen in zwei Stufen | meta.tagesschau.de

Ja, mit Sicherheit. Klar. Dennoch. Ist mir egal, denn es muss raus. Ich versuche sachlich zu bleiben, aber mir schwillt die Halsschlagader. 

Es geht mir konkret um diesen Satz: „Derzeit liegen die monatlichen Bezüge bei 7668 Euro“. Leute, ganz ehrlich: Ich unterstelle keinem Abgeordneten, dass er einen leichten Job hat, aber, über(!) siebeneinhalbtausend Euro im Monat (pünktlich auf dem Konto), und die Sicherheit nach 8 Jahren bis ans Lebensende mit einer sicheren hohen Pension versorgt zu sein, sind wirklich genug Geld um einen solchen Job zu machen und seine Familie davon zu ernähren. In diesem Augenblick, nach Bankenkrise, Fukushima und Folgekostendiskussion, und mitten in der Griechenlandkrise, solch ein Zeichen abzugeben – da fehlt mir das Verständnis.

Es ist eigentlich unnötig zu erwähnen, dass es nicht darum geht, dass ich den Parlamentariern nicht ihr Auskommen gönne, oder ihnen die Bezahlung neide. Das wäre zu platt, denn dann müsste ich mir selber empfehlen in die Politik zu gehen. Die Chance dazu hat jeder: selber hingehen, besser machen. Doch ich weiß, dass ich dafür nun überhaupt nicht geeignet bin. Es gibt aber Menschen in diesem Land, die über Jahrzehnte genauso gewissenhaft wie Abgeordnete ihrer jeweiligen Arbeit nachgehen, und dabei in die Rentenkasse einzahlen. Das sind aber Menschen, die am Ende ihres Arbeitslebens höchstwahrscheinlich ihre soziale Stellung in der Gesellschaft nicht werden halten können. Dabei reden wir noch nicht mal von denjenigen, denen es wirklich schlecht in diesem Land ergehen wird, weil sie nicht mehr arbeiten durften. Die Pension eines Bundestagsabgeordneten beträgt aber ein gesichertes Vielfaches von Facharbeiterrenten – schon nach 8 Jahren Dienst am Volk. Das ist nicht in Ordnung. Dieses System gehört reformiert.

Noch etwas anderes: Ich habe früher immer das Argument vertreten, dass unsere Volksvertreter gut abgesichert und bezahlt sein sollten, damit sie nicht käuflich sind und sorgenfrei gute Arbeit für die Entwicklung unserer Gesellschaft leisten können. Ich korrigiere mich hier und jetzt: Dieses Argument verfängt nach meinen Erfahrungen nicht mehr, denn gegen die Verlockungen der Wirtschaft und ihrer Lobbyarbeit vor Ort, die nicht nur aus Geld, sondern auch aus Ansehen und Macht besteht, ist kein vom Steuerzahler gezahltes Gehalt gewachsen. Meine These: Selbst wenn die Abgeordneten ab morgen 15000 Euro Gehalt beziehen würden, würde sich nichts an diesen Verlockungen ändern. Die Wirtschaft legt dann einfach drauf. Es ist vielmehr so, dass ich immer mehr den Eindruck gewinne, dass die Gefahr viel zu groß ist, als Politiker den Kontakt zum wahren – weil in dieser Republik allgegenwärtigen – Leben zu verlieren. Ich kann’s auch deutlicher formulieren: Menschen, die derart abgesichert in dieser Gesellschaft leben können, haben doch keine Ahnung, was Existenzangst ist. Existenzangst ist aber ein Zustand, der in dieser Gesellschaft immer stärker um sich greift.

Die Gehälter der Abgeordneten sind an der Entlohnung der höchsten Bundesrichter orientiert. Sie sind nicht an die Bezüge einer qualifizierten Fachkraft im Pflegebereich gebunden. Diese Fachkraft trägt aber genauso Verantwortung für Menschenleben und Wohlergehen von anvertrauten Menschen. Von diesen unterbezahlten Pflegekräften, die späterhin unsere wunden, alten Ärsche versorgen sollen, wird auch für kleines Geld fachlich gute und engagierte Arbeit verlangt. Ich höre aber keine gemeinsame Stimme im Bundestag, die sagt: Bezahlt diese Leute fürstlich, denn sie sind für unser höchstes Gut verantwortlich und müssen den Kopf frei haben.

Ne, Leute, das ist schwach. Sehr schwach. 

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