Lasst den Mann reden

Da machen sich gerade ein paar Bundestagsabgeordnete der SPD zum Affen, weil sie dagegen protestieren, dass der Papst vorm Bundestag reden soll/darf/will (wahrscheinlich alles zusammen). Wie bescheuert ist das denn?

UMSTRITTENE PAPST-REDE
Der Papst spaltet die Sozialdemokraten
Darf der Papst im Bundestag reden? Darüber streiten die Sozialdemokraten. SPD-Abgeordnete hatten einen Aufruf zum Boykott veröffentlicht, den die Führung prompt zurückwies. (weiter: http://www.welt.de/politik/deutschland/article13450976/Der-Papst-spaltet-die-Sozialdemokraten.html)

Gute Güte, lasst den Mann doch reden. Wo ist da eine Gefahr? Ganz im Ernst, was wird der Mann schon groß zu sagen haben? Das sind doch immer die gleichen belanglosen, weil floskelhaften, „Habt-Euch-lieb!“-Sprüche und die „Gott-will-dies-Gott-will-das“-Ansagen. Dabei ist es so klar wie Kloßbrühe: Die katholischen Vordenker und Chefprediger laufen  doch schon seit mehr als hundert Jahren dem Zeitgeist und seinen Problemen nur noch hinterher. Je nachdem, wer da gerade an der Spitze steht und stand, waren sie den tatsächlichen philosophischen und politischen Frage der Zeit gegenüber ignorant, oder sie waren damit hemmungslos überfordert. Also was soll in einer Rede des aktuellen katholischen Chefideologen schon an gefährlichen Inhalten vorhanden sein, was erstens, nicht jeder schonmal gehört hätte, und was zweitens, deshalb niemanden weiter bringt. Im Gegenteil, ich würd‘ da eine richtig schöne Fragestunde aus diesem Event machen und dem Mann mal richtig auf den Zahn fühlen – öffentlich, ohne Audienzbrimbamborium und so. Tacheles. Warum denn nicht? 
Eins ist doch klar: Diese Jungs müssen erstmal in ihrem eigenen Laden aufräumen. Es gibt genug Fragen, die man diesem Mann stellen kann – sogar stellen muss. Die katholische Kirche steht bei vielen Fragen dieser Zeit einfach nur sich selbst und anderen im Weg rum, weil ihre Ideologie keine Antworten dafür bereithält. Das fängt schon bei „Macht-Euch-die-Erde-untertan“ an. Ich krieg‘ Pickel bei diesen chauvinistischen Sprüchen. Das ist allerdings ein anderes Thema.
Ich bin schon lange dafür, dass die religiösen Bezüge aus dem Grundgesetz verschwinden, respektive, dass sie in eine zukünftige Verfassung gar nicht erst rein geschrieben werden. Staat und Kirche sollten voneinander getrennt werden. Keine Frage für mich. Allerdings hat das doch nix damit zu tun, dass das geistliche Oberhaupt einer riesigen Glaubensgemeinschaft vor den Volksvertretern dieses Landes sprechen darf. Im Gegenteil, es sollte natürlich und selbstverständlich sein, dass ich mir solche Leute ins Haus hole, und die mal Meinung abgeben lasse, und mir die auch mal per Rede und Antwort zur Brust nehme.
Liebe SPD-Abgeordnete, wenn Euer demokratischer Unterbau das nicht hergibt, dann habt ihr ein heftiges Problem, und dann seid ihr da irgendwie fehl am Platze. Ganz im Ernst.
Niedlich ist ja, dass der Zollitsch jetzt sogleich, in bekannter „Elefant-im-ihr-wisst-schon-Laden“-Manier, da rein haut, und genauso Banane daher redet, in dem er von den Abgeordneten Anwesenheit fordert(!). 

PAPST-REDE IM BUNDESTAG

Zollitsch fordert Anwesenheit von Abgeordneten22.04.2011, 14:20 Uhr
Anlässlich der Rede von Papst Benedikt XVI. im Bundestag fordert Robert Zollitsch von den Abgeordneten Anwesenheit. Hier beweise sich die demokratische Grundeinstellung, erklärte der Vorsitzende der Bischofskonferenz. (weiter: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/zollitsch-fordert-anwesenheit-von-abgeordneten/4092118.html)

Mein lieber Herr Zollitsch, da haben sie auch so einige demokratische Regeln noch nicht so ganz überrissen: Die dürfen weg bleiben. Auch das ist eine politische Aussage. Dabei würde es sogar genügen, wenn sie sagen würden, dass die Papst-Rede nicht sooo interessant werden dürfte. Das wäre zwar böse, aber (siehe oben) nicht so weit weg von der Wahrheit. Na ja, es sei denn der Papst verkündete in dieser Rede, dass seine Kirche im zweiten Weltkrieg heftig Kacke gebaut hat, und dass sie in Fragen der Familienplanung und des religiösen Über-Ichs ganze Kontinente in Not und Bedrängnis gebracht haben. Ok, das wär‘ was, aber dann würde ich mich hier gerne korrigieren.

Keine Ahnung, ob Voltaire das wirklich gesagt hat, aber diese Sache mit dem „Ich-find-Deine-Meinung-Kacke-aber-Du-darfst-die-hier-immer-zum-Besten-geben-Ist-das-nicht-cool?“ (mit Smilie hinten dran) trifft hier zu.

Deshalb: Lasst den Mann reden.

1 Kommentar zu „Lasst den Mann reden“

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