Die bösen alten Lieder

Besser kann man Deutschland kaum beschreiben:

Kabarettist Georg Kreisler: „Blumengießer, das sind die Ignoranten“ | Kultur | ZEIT ONLINE

ZEIT: Haben Sie das Publikum mal an sich herankommen lassen?

Kreisler:  Ja – einmal besonders nah. Das war in der Stuttgarter Liederhalle. Aber es ist lange her. Es war ausverkauft, und vor der Tür standen noch ungefähr 30 Leute, die keine Karten mehr bekommen hatten. Da hab ich gesagt: Auf der Bühne ist noch Platz, da steht ja nur mein Klavier, dort könnten doch noch Leute sitzen. Aber die Feuerwehr war dagegen: Auf die Bühne, hieß es, dürften nur Leute, die mitwirken. Dann wirken sie eben mit, sagte ich. Wir stellten Stühle auf die Bühne, und ich habe mit ihnen Kinderlieder gesungen, und somit wurden sie mein Chor und durften auf der Bühne sitzen bleiben. So was könnte man heute wahrscheinlich nicht mehr machen.

Köstlich, oder!?  Doch simple Bonmots sind zu kurz gegriffen, wenn es um Georg Kreisler geht. Ein Mann, den ich schon ewige Zeiten verehre. Ich liebe seine bösen, alten Lieder.  Georg Kreisler feierte vor kurzem seinen neunzigsten Geburtstag und wurde von Reportern der ZEIT interviewt. Es lohnt, das oben verlinkte Interview zu lesen. Ein Mann, ein Künstler, der immer noch Klartext spricht, auch wenn Metaphern verwendet, wenn er karikiert, wenn er verklausuliert und wenn er Fragen hat, die er nicht beantworten kann. Er ist einer mit Ecken und Kanten. Ecken und Kanten, die so wichtig sind, damit man etwas schaffen kann, was Menschen wirklich bewegt.

Nicht falsch verstehen. Ich meine nicht »bewegen« im Sinne von »Das gefällt jedem. Das tut keinem weh«. Ich meine damit politische und gesellschaftskritische Kunst, die die Menschen in eine Richtung bewegt – Richtung Zukunft.

Ich wär‘ froh, wenn ich meinen Songs auch nur einen Bruchteil von seiner Klarheit und seiner Kreativität verleihen könnte, aber da komme ich nie hin. Egal. Ich gratuliere uns zu diesem Menschen. Was für ein Glück die Lebenszeit mit einem solchen Künstler zu teilen.

Er schreibt keine Lieder mehr sagt er, weil er alles gesagt hat, aber er sagt jetzt eben kurz und knapp, was er denkt:

Kreisler: Jetzt erweist sie sich eventuell als heilsam. In den arabischen Ländern weiß man, man will nicht zu den Mubaraks zurück. Die Masse ist durch das Internet nicht mehr so manipulierbar wie zu meiner Zeit. Früher wurden die Leute durch das Radio beschallt. Das Internet dagegen ist Anarchismus. Es wird dort natürlich auch viel Schmarren verbreitet, das sehe ich schon, wenn ich mich hin und wieder an den Computer begebe und aufrufe, was über mich selbst geschrieben wird. Aber trotzdem könnten die Völker durch das Internet aufgeklärt werden und erfahren, dass es eine Welt außerhalb von Diktaturen gibt.

»Meine Freiheit muss noch lang nicht Deine Freiheit sein. Meine Freiheit: Ja. Deine Freiheit: Nein!«

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