50.299 Bücher

Ich hatte mich hier: „Gema kassiert bei Martinszügen ab“, schon vor einiger Zeit darüber aufgeregt, wie verkommen eine Gesellschaft sein muss, wenn sie einfach dabei zuschaut, wie Erziehungseinrichtungen privatwirtschaftlich abgezockt werden sollen. Ich sag’s nochmal: Gesetz und Legalität hin oder her, es zeigt an diesem kleinen und kleingeredeten Vorgang, wie sehr wir vom Kapitalismus ethisch schon zerfressen sind, wenn wir immer mehr ureigenste gesellschaftliche und soziale Interessen und Aufgaben auf dem Marktplatz der Geldschöpfung feil bieten.

Seit einigen Monaten geht wieder ein Gespenst in Deutschland um. Ein Gespenst namens GEMA. Im Auftrag der VG Musikedition hatte der Verein deutschlandweit Kindertagessstätten angeschrieben. In dem Schreiben machte die GEMA darauf aufmerksam, dass das Anfertigen von Kopien von Notenblättern einer Genehmigung der Rechteinhaber bedarf. Auch ein Angebot war gleich parat: 56€ plus Mehrwertsteuer für 500 Kopien. Für die Kinderbetreuungseinrichtungen stellt dabei weniger das Geld ein Problem dar, als mehr der Verwaltungsaufwand, der notwendig wird. Jede einzelne Kopie muss an die GEMA gemeldet werden, damit diese mit der VG Musikedition korrekt abrechnen kann. (aus: 50.299 Bücher mit gemeinfreien Kinderliedern | musik.klarmachen-zum-aendern.de)

Mich nervt’s dabei besonders, wenn’s die grosse Gruppe der Musiker in ihrer GEMA-Manifestation ist, die sich damit grenzdebil, ignorant und kohlegeil vor den Karren der Entertainment-Multis spannen lässt. Man schämt sich – in diesem Fall – zu dieser Gruppe gerechnet zu werden. Ja, ich weiss, dass die GEMA hier nur als Eintreiber fungiert. Das macht die Sache keinen Deut besser.

Jetzt haben sich aber Menschen in einem Verein namens Musikpiraten e.V. zusammengetan und haben sich vorgenommen ein Liederbuch mit gemeinfreien Kinderliedern für alle Kinderbetreuuungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen. Wie man nachlesen kann, wird das A5-Buch (geklebter Buchrücken) 52 Seiten haben. Für die erforderliche Anzahl an Büchern wird eine Summe von ca. 8000 € benötigt. Das bedeutet, der Verein benötigt Spenden:

Die Finanzierung des Projekts ist defensiv gestaltet: Es werden nur so viele Liederbücher gedruckt, wie der Verein bezahlen und verteilen kann. Bei einer Stückzahl von 10.000 Stück wird der Stückpreis bei ~80 Cent / Buch liegen – es müssten dann also Spenden in Höhe von 8.000€ eingehen. (aus: 50.299 Bücher mit gemeinfreien Kinderliedern | musik.klarmachen-zum-aendern.de)

Auf der Seite des Vereins wird der aktuelle Spendenstand jeden Abend aktualisiert, und heute sind dort 9038,94 € notiert. Gute Sache, das.

Damit ist es allerdings nicht getan, denn die Lieder müssen in einem speziellen (freien) Layoutprogramm gesetzt werden, damit sie ausgedruckt werden können. Also werden Musiker gebraucht, die Noten setzen können. Details dazu erfährt man auf der Vereinsseite.

Außerdem müssen die Bücher nach dem Druck verteilt werden, auch dafür werden Helfer gesucht. Auch hier erfährt man die Teilnahmedetails auf der Seite direkt. 

Das ist nur ein kleines, vielleicht unbedeutendes Projekt, neben wesentlich wichtigeren Problemen in dieser Gesellschaft. Ja, so ist das.

Ist das so?

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