Brot und Spiele

Die WM ist vorbei. Glückwunsch an die Spanier.

Glücklicherweise hat ein spätes Tor die Dinge gerichtet. Es wäre noch unerträglicher als der 2006er Titel für die bräsigen Italiener gewesen, wenn das niederländische Team für einen derart desaströsen und skandalösen Auftritt in einem WM-Finale den Pokal bekommen hätte. Ich ziehe meinen nicht vorhandenen Hut vor den Spaniern, die ihrer Linie treu geblieben sind und nicht das Gehacke der Niederländer erwidert haben.

Die WM ist vorbei. Die Karawane zieht weiter. Südafrika und der gesamte afrikanische Kontinent wird jetzt schneller den Fokus der Weltöffentlichkeit verlieren, als man Iniesta und Xavi hintereinander buchstabieren kann. Was vielleicht aber sogar noch nicht mal so dramatisch ist, denn der Fokus der Weltöffentlichkeit lag in den vergangenen Wochen zwar auf Afrika, dort aber hauptsächlich auf topmodernen Stadien und Hochsicherheits-Hotelanlagen. Er lag nicht dort, wo Menschen verhungern in Afrika. Im unten zitierten Artikel der Telepolis steht ein grausamer Satz:

Obwohl wir heute mehr Lebensmittel produzieren als je zuvor in der Geschichte der Menschheit, haben aber auch noch nie so viele gehungert wie heute. Wie kann das überhaupt sein?

[..]

Ich empfehle die komplette Lektüre des Artikels, “TP: Wir essen, was uns die Industrie auftischt”, denn darin steht z. B. auch:

Die Industrieländer sind Mitverursacher des Hungers in den armen Ländern: Durch die Spekulation mit Agrarrohstoffen, durch massive Importe von Futtermitteln aus Ländern, in denen gehungert wird, durch die Förderung von Mais und Palmöl als Energiepflanzen, durch die Unterstützung korrupter Regierungen aus politischen Gründen, durch die erzwungene Einbindung der Landwirtschaft in das WTO-Regelwerk. Das alles wird sich in den kommenden Jahren aller Wahrscheinlichkeit nach noch verstärken, weil der Klimawandel ausgerechnet denen, am meisten schaden wird, die ihn am wenigsten verursacht haben.

TP: Wir essen, was uns die Industrie auftischt

Nun ist es allerdings nicht so, dass wir zwar blind, aber ansonsten lustig und fidel vor und hin leben würden. Nein, denn:

Unsere Gesellschaft hat leider entschieden, dass wir so gut wie überall von Werbung belästigt werden dürfen, das bringt besonders Kinder dazu, Plastikessen für etwas Leckeres, Tolles zu halten und ihr Geld dafür auszugeben. Auch das verstärkt den Verfall.

TP: Wir essen, was uns die Industrie auftischt

An dieser Stelle passt nur weniges besser als dieser Song und dieses Video:

Pearl Jam – Do The Evolution (Official Music Video)The best bloopers are a click away

Was hat das Finalspiel der WM 2010 gestern gelehrt? Es kommt nicht nur darauf an zu gewinnen. Es kommt vielmehr darauf an, wie man das Spiel spielt. Wir, die Industrienationen, benehmen uns wie die Niederländer gestern auf dem Platz und schaden damit nicht nur anderen, sondern in erster Linie auch uns selbst. Es kommt eben nicht nur darauf an zu gewinnen, sondern es kommt darauf an, wie man das Spiel spielt. Wir sollten uns dahingehend eher an den Spaniern orientieren.

Warum so ernste Worte? Na, es heisst doch immer “Brot und Spiele”. Spiele hatten wir ja jetzt genügend. Jetzt sollten wir uns auch um’s Brot kümmern – vorwiegend mal um das der Anderen.

3 Kommentare zu „Brot und Spiele“

  1. der Kreuznacher

    0 b.C. / 0 a.D.Das Jahr der Zeitenwende! Die Jahrtausende vorher waren Raubtiere und Unwetter / Katastrophen die grössten Menschenfeinde. Nach „dschieseskreist“ war der grösste Feind des Menschen der Mensch selbst – mit eindeutiger Steigerung in die Neuzeit – trotz und auch wegen der Religion!

  2. Na ja, Alexander und frühere Feldherren-Konsorten waren schon auch nicht wirklich nett, oder!? ;)Hier lässt ja unser Kapitalismus in seiner jetzigen Form ganze Kontinente ausbluten. Jedenfalls zeigte die WM diese Diskrepanz für meine Begriffe recht deutlich.

  3. Oliver Schneiß

    Guter Artikel! Mir fällt dazu immer wieder ein:So lange den Menschen neue Computer, Fernseher, Handys, DVD Player, Urlaub etc. wichtiger sind als ordentliche Lebensmittel zu konsumieren, wird sich daran wenig ändern. Jeder sollte mal sein Konsumverhalten überdenken!!! – Aber so ähnlich hatte ich ja schon an anderer Stelle geschrieben…

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