Bürgerlich aussteigen

Die Castor-Müllabfuhr hat in den letzten Tagen die Republik in Atem gehalten. 25 Mio. € wird die aktuelle Müllabfuhr-Aktion den Steuerzahler kosten. Die Politik schiebt den schwarzen Peter den Demonstranten zu, die ja für diese immensen Kosten schließlich verantwortlich seien. 

Man kann nun zu Atomkraftwerken und der aktuellen Energiepolitik dieser Regierung stehen wie man will, aber das ist ein oberfaules Argument. Demonstrieren muss man dort, wo es die Aufmerksamkeit von Volk und Politik erregt. Eine Demo auf der grünen Wiese fernab von Symbolen oder symbolträchtigen Orten würde doch niemanden interessieren. Diese 25 Mio. € wären es allemal wert, wenn dadurch irgendwann erreicht wird, dass die unglaublich viel teurere Verquickung zwischen Atom-Industrie und Staat, die von 1950 bis heute den Steuerzahler allein 203 Mrd. € an Subventionen gekostet hat („Das Märchen vom billigen Atomstrom”), gelöst wird.

Ein Wort zu den Demonstrationen: Es kann natürlich nie Ziel gewesen sein, die Castoren nicht nach Gorleben zu lassen. Das wäre Unsinn. Es ist auch kein realistisches Ziel, diese Regierung von ihrem „Ausstieg vom Ausstieg“ abzubringen. Da greifen derart mächtige Zahnräder in der Lobby des Bundestags ineinander, dass auch noch so viele Proteste diese Regierung nicht mehr in eine andere Richtung bewegen werden. Ich persönlich hoffe auf die nächsten Wahlen. Das muss, was das betrifft, genügen.

Ich bin den Menschen dankbar, die Zeit und Geld geopfert haben, um auch für mich und die Zukunft meiner Kinder dort friedlich zu demonstrieren. Ich bin auch den Polizisten dankbar, die dort ihren Dienst getan haben, zum Teil wahrscheinlich auch gegen ihre eigene Überzeugung. Ich hoffe auch, dass man die schwarzen Schafe unter Demonstranten und Polizisten finden wird, die durch gewalttätige Übergriffe aufgefallen sind.

Und noch was: Auch wenn Promis wie Bela B. und Charlotte Roche publikumswirksam ihre halbgaren „Ist-doch-nicht-so-wild“-Ansichten unvorsichtig unters Volk werfen: „Schottern“ ist nicht richtig!  „Schottern“ ist Sachbeschädigung. Sachbeschädigung mit dem Ziel eine technische Einrichtung der Bahn außer Funktion zu setzen, damit ein beabsichtigter Zweck (Castor-Transport) nicht erreicht werden kann. Es kann aber nicht das Ziel sein, zu verhindern, dass der Castor-Transport sein Ziel erreicht. Das wäre strunzdämlich. Was soll passieren? Sollen die Kisten einfach stehenbleiben? Sollen sie zurück? Das geht nicht. Es gibt Verträge. Wir leben in einem Rechtsstaat. Mit Sachbeschädigung liefert man der Politik nur Angriffsfläche für Argumente, die vom Kern der Sache ablenken. Es geht um Aufmerksamkeit. Es geht darum Zeit und Augenmerk zu erhalten. Sitzblockaden sind das richtige Mittel, nicht „Schottern“. Das geht mir zu weit.

Die Politik kann sich, wie gesagt, nicht aus dem Griff der Energieversorger befreien und der Bürger sollte sich nicht dem naiven Glauben hingeben, die Wissenschaftler und Politiker hätten den entsprechenden Weitblick und die langfristigen Pläne in der Schublade, die das Problem „Atomkraft+Entsorgung“ lösen. Warum dem nicht so ist, kann man hier erfahren: Quarks & Co: 09.11.2010, Atommüll – Endlager verzweifelt gesucht. Das sind 45 Minuten bittere Wahrheiten und Nachhilfeunterricht in Sachen Atomkraft, Entsorgungsproblematik und die deutsche Atompolitik. Im TV wird diese Sendung am Samstag, den 13.November nochmals „ausgestrahlt“ (ungewolltes Wortspiel), und in der ARD Mediathek kann man sich diese Sendung sofort anschauen.

Quarkscoatomstrom

 

Gerade rollen sie wieder: Die Castor-Transporte mit dem hochradioaktiven Müll. Und dieser Müll spaltet die Nation. Denn weltweit gibt es kein einziges Endlager für diese Abfälle. Und die beschlossene Verlängerung der AKW-Laufzeiten vergrößert deren Menge noch einmal erheblich. Aber los werden müssen wir den Müll – für mindestens eine Million Jahre. Nur wie? Und was genau ist Atommüll eigentlich? Quarks & Co geht diesen Fragen nach und verrät außerdem, welche Rolle die Politik beim Thema Kernenergie spielt.; © WDR VideoPodcast Quarks & Co: 09.11.2010, Atommüll – Endlager verzweifelt gesucht

Ist jetzt aber mit dem Ende der jährlichen „Castorette“ wieder Schicht im Schacht für den Bürger? Das muss nicht sein. Warum nicht den Ausstieg vom Ausstieg selber in die Hand nehmen?

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Atomausstieg selber machen!
Die Atomkonzerne E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW wollen ihre alten AKW noch mindestens 30 Jahre in Betrieb lassen. Wir sagen: STOPP! Kein Geld für gefährliche Atomkraftwerk, Uranabbau und noch mehr Atommüll. 21 Umweltverbände haben sich zusammengeschlossen, um zu zeigen, wie es anders geht. Wir rufen die Menschen in Deutschland auf, selbst aktiv zu werden. Sie haben es in der Hand!
http://www.atomausstieg-selber-machen.de/startseite.html

Spätestens jetzt wäre doch für diejenigen unter uns, die die Atomkraft als Sackgassentechnologie erkannt haben, der Zeitpunkt gekommen, als Bürger mit der Hoheit über den eigenen Geldbeutel aktiv Politik zu machen, in dem man von den großen Energieversorgern zu einem Ökostrom-Anbieter wechselt. Entziehen wir ihnen einfach unser Geld, und sei einfach nur, weil wir nicht wollen, dass wir für den gleichen Atommüll zweimal zahlen. Das Atomkartell hat, wie alle Wirtschaft, eine Schwachstelle: Die Gier nach Geld. Warum diese Schwachstelle nicht nutzen:

Wir fordern: Schluss damit!

Die Atomkraftwerke müssen früher, nicht später abgeschaltet werden. Wir rufen alle Stromkunden der Atomkonzerne E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW auf, zu einem umweltfreundlichen Stromanbieter zu wechseln. Machen Sie mit! 
http://www.atomausstieg-selber-machen.de/startseite.html 

2 Kommentare zu „Bürgerlich aussteigen“

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