Ethische Irrungen und Wirrungen

Osama war gestern. Lena ist morgen. Was bleibt da fürs Heute? Oh ja, die Rettung der Welt. Na so was, manchmal sieht man den Schweinestall auf’m Dorfplatz vor lauter Säuen nicht. Tse.

Störfall im japanischen Atomkraftwerk Tsuruga | Telepolis

http://www.heise.de/tp/blogs/2/149781

Aus Kritik an der Regierungspolitik ist inzwischen auch Toshiso Kosako zurückgetreten. Der Professor für atomare Strahlung der Universität Tokio war im März von Ministerpräsident Kan als Berater ernannt worden. Kosako will nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass die Regierung den für ihn unangemessenen Grenzwert von 20 Millisievert pro Jahr für Grundschulen in der Nähe von Fukushima festgesetzt hat. „Ich kann das als Wissenschaftler nicht zulassen“, sagte er auf einer sehr ungewöhnlichen japanischen Presskonferenz, in der Kosako in Tränen ausbrach.
Dieser Artikelausschnitt zeigt zwei Dinge: erstens, dass es gut ist, dass es ehrliche und standhafte Menschen in der Politik gibt, und zweitens, dass man Politik nicht seinen Regierungen alleine überlassen darf. Die atomare Katastrophe in Fukushima ist keine zwei Monate alt, und die alten Beißreflexe regierungspolitischen Handelns sind so präsent wie immer: Es wird beschwichtigt, es wird getrickst und es wird verschleiert.

Herr Kosako verdient Respekt für sein Handeln und seine Offenheit. Sie sollten uns allerdings als Warnung dienen. Als Warnung davor, den Atomausstieg allein in den Händen von Regierungen und Kommissionen zu lassen. Die Argumente, die zum Beispiel in unserer aktuellen Ethikkommission zum Atomausstieg gebraucht werden, sind teilweise haarsträubend:
Ethikkommission schürt die Angst vor dem Atomausstieg | Telepolis
http://www.heise.de/tp/artikel/34/34638/1.html

Einen wirklichen Erkenntnisgewinn durch die öffentliche Sitzung der Ethikkommission gab es nicht

Um ethische Fragen der Energieversorgung ging es dabei zunächst ohnehin kaum. Lediglich der Soziologe Ulrich Beck brachte verstärkt moralische Dimensionen in die Ethikkommission ein. So beispielsweise mit der Frage an Teyssen, wie er es als Vater verantworten könne, nach Tschernobyl bedenkenlos in die Atomenergie zu investieren. Der konterte, dass er mit seiner Familie lediglich 20 Kilometer vom Kernkraftwerk Isar entfernt wohne und sich sehr wohl Gedanken darüber mache, welche Sicherheitssysteme es gebe. Zudem, so der E.on-Vorstand, müsse man sich die Frage stellen, ob man lieber vermehrt CO2 ausstoßen wolle, was ab einer gewissen Menge womöglich die gesamte Erde zerstöre, oder ob nicht Kernkraft sinnvoller sei, da durch sie im Ernstfall lediglich ein bestimmtes Gebiet betroffen wäre. Radioaktive Abfälle durch längere Laufzeiten seien ohnehin kein Problem, da es bereits Atommüll gibt.

Das ist eine tolle Argumentation: [Ironiemodus on] Lasst uns die Erde lieber in kleinen Teilen zerstören, als alles auf einmal. Da hat man auch viel länger Spaß daran. [Ironiemodus off] 

Zum zweiten Teil der Aussage von Herrn Teyssen fällt mir gleich gar nix mehr ein. Ist ja aber eigentlich und irgendwie auch logisch, denn wenn da eh schon ein Riesenhaufen Sch****e liegt, der zum Himmel stinkt, dann macht’s ja auch nix mehr, da immer noch ein wenig Sch****e drauf zu packen. Das leuchtet ein. So haben wir doch als Pubertierende alle argumentiert, wenn es zum Beispiel um das Fegen der Straße ging: „Ach, das ist doch sinnlos. Die wird doch eh wieder dreckig.“

Um das noch mal hervor zu heben: Das sind Argumentationen, die in einer „Ethik“-Kommission zu einem der wichtigsten Problem dieses Jahrtausends benutzt werden. Das sollte zu denken geben.
Das CO2-Argument trifft auch nicht, denn die Atomkraft ist alles andere als klimaneutral. Bei der Schöpfung der Ressource Uran und bei der Herstellung von Brennelementen entsteht CO2. Wer mag, kann hier darüber nachlesen: Campact.de | Atomausstieg in die Hand nehmen. Von den CO2-Emissionen bei der Entsorgung der Brennelemente und später der kompletten Anlagen gar nicht zu sprechen.

Warum muss Bürger höllisch aufpassen? Weil er sonst wieder mal ruckzuck vor vollendete Tatsachen gestellt wird, und weil er schnell vergisst:
Debatte um Sicherheit von Atommeilern – EU kippt strenge Reaktor-Tests – Wirtschaft – sueddeutsche.de

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/debatte-um-sicherheit-von-atommeilern-eu-kippt-strenge-reaktor-tests-1.1092889

  • Die Sicherheitstests für europäische Atomkraftwerke werden deutlich schwächer ausfallen als angekündigt. Einem Vorschlag der Vereinigung der Westeuropäischen Aufsichtsbehörden zufolge sollen die Atommeiler nur noch daraufhin überprüft werden, ob sie Naturkatastrophen wie Erdbeben, Flutwellen oder extremen Temperaturschwankungen standhalten.
  • Zudem sollte getestet werden, ob Stromversorgung, Kühlung und zusätzliche Aggregate nach Terrorangriffen, menschlichen Bedienfehlern oder in unverhofften Notsituationen sicher funktionieren.
  • Das lehnen die westeuropäischen Aufseher strikt ab. „Wenn die Erfahrungen des Unfalls in Fukushima auch die Notfallmaßnahmen für den Schutz der Öffentlichkeit betreffen (Feuerwehr, Polizei und Gesundheitsversorgung), ist dies nicht Teil dieser Stresstests“, heißt es in ihrem Vorschlag. 

So schnell geht das. Im Schatten von Osama, Lena und vom Frühlingserwachen in deutschen Biergärten. Bürgerholzauge, sei wachsam.

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