Konservative Strahlenwerte

Die Wahlen sind durch. Die Bürger von RLP und BW haben sich, was die Wahlbeteiligung mit prognostizierten ca. 64% und 66% betrifft, zumindest mal eine 3+ verdient. Dennoch: Traurig genug, dass es einer Katastrophe auf der anderen Seite der Welt bedurfte, um hier die Wahlbeteiligung in wenigstens vertretbare Regionen steigen zu lassen.

Konservative Leser haben natürlich an der Einführung erkannt, dass ich nicht traurig über die Wahlergebnisse bin. Wahrhaftig nicht. Im Gegenteil. Ich muss sagen, ich hab‘ großen Respekt vor den Wählern in RLP. Sie wollten einfach nicht hinnehmen, dass eine einzelne Religionslehrerin im Ruhestand, die lediglich eine „Ich-bin-geländegängig“-Plattitüde gegen „Huch-ein-300-Mio-Euro-Loch-wie-ungeschickt-kommt-nicht-wieder-vor“ als Reparatur-Maßnahme anbieten kann, sich als Partei ausgibt und auch noch zum Einsatz kommt. Das halte ich für sehr klug. Stattdessen stellen die Wähler Mister RLP himself jetzt die ausgehungerte und bissige grüne Ex-APO zur Seite. Das halte ich für nachgerade weise. 

Diese kluge Maßnahme funktioniert nur in RLP. Warum? Weil andere Bundesländer – vor allem natürlich BW – mit einem Bürgertyp konfrontiert sind, den es in RLP schlicht nicht gibt: dem Wutbürger. Das ist der Bürgertyp, der die Schnauze gestrichen voll hat, gerne alles anders hätte und schlicht empört ist. In RLP dagegen ist der Bürger ungehalten – höchstens. Darum belässt er es auch bei Rot-Grün. Grün-Rot wie in BW – undenkbar, weil zu anstrengend. 

Das ist auch klug, denn Wut ist ein schlechter Ratgeber. So verpasst der rheinlandpfälzische Wähler dem Kurt eben einen 10-Volumenprozent-Denkzettel, lässt die CDU fast gewinnen, aber eben nur fast, und setzt ihm die, wie oben schon erwähnt, auf den komunalen Straße ausgebildeten, grünen Bewährungshelfer im Landtag an die Seite. Clever.

Ich warne aber vor Euphorie. Die politischen Mühlen mahlen nicht nur langsam, egal, wer sie bedient, sondern sie sind auch abhängig von den „Rohstofflieferungen“ der Wirtschaft – und die praktiziert am heutigen Montagmorgen Rudelkotzen auf die massiven Eichentische der Vorstandssitzungssäle. Da kann man beruhigt ein Monatsgehalt drauf wetten.

So ist es eben an diesem Montag nach der Wahl: In BW und RLP treten die Menschen vor ihre Haustüren und schauen nach, ob die Welt noch die gleiche ist, die sie gestern vor kurz vor 18:00 Uhr verlassen haben. In Fukushima schmelzen die Reaktorkerne und in Berlin läuft die Regierungsreaktorkühlung auch augenblicklich nicht rund. Allerdings sind hier Evakuierungen eher unwahrscheinlich, denn man wird nur konservative Strahlenwerte veröffentlichen – soviel ist sicher.

Sicher ist auch, dass sich die Bundes-SPD mal mit dem Wort „erneuerbar“ – was ja in „erneuerbare Energien“ so überdeutlich drin steckt – auseinandersetzen müsste. Nur hat das denen keiner gesagt. Die SPD-Vordenker benutzen das Wort zwar im Moment total häufig, aber irgendwie setzen die damit im Moment innerparteilich so gar keine Energien frei, geschweige denn, dass sich da etwas erneuert. Wenn die nicht aufpassen, werden die zur Brückenpartei mit geringer Restlaufzeit.

Zur FDP, sage ich … nix. Wer an akutem Brüderle und chronischem Westerwelle leidet, über den sollte man nicht noch Hohn und Spott ausgießen.

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