Recht hat er, der Jon Stewart. Man möchte nicken, wenn man diese Worte liest. Sie leuchten ein, diese Worte. Gleichzeitig hat er aber auch, so glaube ich, furchtbar unrecht, weil er viel zu kurz greift.
Das, was er erreichen will, die Abscheu vor Gewalt in den Menschen zu erzeugen, wird er sowieso nicht erreichen. Er lässt die Prägung der verschiedenen Gesellschaften durch Religion und Erziehung völlig außer acht. Ein Bild, was im christlichen Abendland Abscheu und Entsetzen erzeugt, löst an anderer Stelle der Welt Jubelstürme aus – und umgekehrt. Die Videospielgeneration spielt doch dabei erstmal keine Rolle.
Er ist doch selber eine Internet-Omni-Präsenz. Glaubt er wirklich, die Bilder, die er präsentieren würde, würden nur im Westen wahrgenommen? Das kann ich mir nicht vorstellen. Die Globalisierung von Internetinhalten hat doch zuallererst über Bilder funktioniert.
Davon ganz abgesehen, gibt es sie doch, die Bilder. Im Internet. Inflationär. Lange bevor ein Jon Stewart im TV sie präsentieren kann. Bilder von Fukushima, Bilder vom Bürgerkrieg im Kongo, Bilder von Afghanistan, Bilder vom toten Osama bin Laden. Und? Es gibt mehr Journalisten, mehr Bilder, mehr Möglichkeiten Öffentlichkeit herzustellen, als jemals zuvor in der Geschichte. Und? Wir sind doch allzuoft total übersättigt mit dem Elend in der Welt. Wir nehmen mit Erschrecken zur Kenntnis, während wir im persönlichen Hamsterrad Rekorde aufstellen und das Handeln anderen überlassen.
Ein Bild welches bei den meisten Menschen das Grauen und völlige Fassungslosigkeit wegen der sinnlosen Gewalt, die dargestellt wird, erzeugt, lässt einen horrofilmsozialisierten Typen eventuell nur mit der Schulter zucken. Das mag schon stimmen. Allerdings glaube ich auch, dass es noch viel schlimmer ist, denn wer derart abstumpft, gibt irgendwann vielleicht auch keinen Pfifferling mehr auf die Unterscheidung zwischen Realität und perfekter Fiktion.
Und überhaupt: Von der Videospiel-Fraktion mal ganz abgesehen, dort, wo das Entsetzen über die Realität auch und zuerst hingehören würde, herrscht doch börsianisches Quartalsdenken und eine Realitätsferne, die man in Lichtjahren messen muss. Ja ja, Vorurteile. Vielleicht.
Die moralische und ethische Globalisierung von Bildern – ach herrje, was für eine Aufgabe.
PS: So’n Mist. Da ist doch tatsächlich eine Vorabversion meines kleinen Artikels hier in die Öffentlichkeit geflutscht, weil ich gepennt habe und aus Versehen den „Publish“-Button erwischt habe. Soll sich also bitte keiner wundern, wenn er hier noch mal vorbeischaut: der Text hat sich geändert. Sorry.