Schau mir in die Augen, Staat

Manchmal fühlt man sich echt verarscht, aber – so fair muss man sein – auf recht hohem Niveau:

Die gute Nachricht ist, dass die Öffentlichkeit durch die Wellen die das „Schaut-nicht-hin“-Gesetz von Ursula v. L. im Netz verursacht hat, genügend sensibilisiert wurde, um auch durch das Auftreten der Piratenpartei, und den Versprechungen der FDP vor der Wahl, den entsprechenden Druck auf die Handelnden aufzubauen. Vor der Wahl ging die CDU mit dem Gesetz noch auf Stimmenfang und die SPD nutzte es als Sargnagel. Am eigenen Sarg, wohlgemerkt.

Der Rest ist Geschichte: Das Gesetz wurde durchgepeitscht, die SPD liegt im Sarg, die FDP ersäuft gerade im Meer der Versprechungen, und die Piraten sind der Finger in der linken Wunde. 

Die Lage der FDP, und damit der Koalition ist prekär. Bei den Finanzen schmelzen sämtliche Versprechen und Spielräume schneller als  Schokolade in der Sonne. Da braucht’s Entlastung. Der Fokus der Öffentlichkeit muss neu justiert werden. Taten müssen her.Stimmungsaufheller müssen her. Stärke muss man zeigen:

Kurswechsel nach monatelangem Hickhack: In einem Brief an Bundespräsident Köhler geht die Regierung nach Informationen des SPIEGEL auf Distanz zum umstrittenen Internet-Sperrgesetz. Schwarz-Gelb kündigt nun eine neue Initiative für ein „Löschgesetz“ an. (aus: Koalition plant „Löschgesetz“ – Schwarz-Gelb rückt von Internetsperren ab )

Eigentlich sollten die politisch motivierten und aktiven Menschen im Netz jetzt froh sein, denn der Protest und die sehr richtigen und kräftigen Argumente gegen Zensur und Ineffektivität hatten Erfolg. Das Zensursula-Gesetz ist nicht mehr tragbar und wird abgetrieben. Das Netz bewegt was. Da ist die Nominierung des Internet für den Friedensnobelpreis in diesem Falle schon etwas mehr als eine Randnotiz, wenn dieses Tatsache auch zu einem anderen Zeitpunkt nochmal ausführlich diskutiert gehört.

Doch zurück zur Werbung: Die Frage aller mitdenkenden Menschen ist doch jetzt, angesichts des grossspurig angekündigten „Löschgesetzes“: Wofür, zur Hölle, braucht Politik dieses neue Gesetz? Löschen geht doch jetzt schon! Schöpfte der Gesetzgeber doch nur einfach mal seine schon vorhandenen rechtlichen Mittel aus und setzte seine exekutive gegen die Kinderpornographie-Seiten in Marsch. Jeder Provider in Deutschland wird dem Nachkommen. Wahrscheinlich kriegt die Floskel „vorauseilender Gehorsam“ in diesem Falle dann sogar einen ganz neuen Glanz.

Sieht man aber mal davon ab, ist der Punkt „Zensur“ mit diesem neuen Gesetz auch noch nicht vom Tisch. Wie dieses „Löschgesetz aussehen soll, wird zu diskutieren sein. Die Bürger dieses Landes müssen aufpassen, dass das nicht ein „von-hinten-durch-die-Brust-ins-Auge“-Gesetz wird. Da gibt es sogar noch sehr vieles vorher zu diskutieren.

Rückblickend: Klar, Ein öffentlicher Diskurs wurde angestossen und Handlungsbedarf besteht auch, aber man darf überhaupt nicht nachdenken, was diese Zensursula-Schnellschuss-Gesetz-Kacke an Zeit und Geld und Ressourcen verschlungen hat, nur weil ein Wahlkampf vor der Tür stand.

Das lässt nur einen Schluss zu: Überlassen wir die Politik nicht den Politikern. Das Netz bewegt was. Wie singt der Herr F. Urlaub so schön:

[…]lieber staat, ich fuehle mich so rundum wohl in dir
lieber staat, es weht ein wind von freiheit hier
du erklaerst mir immer wieder, was erlaubt ist und was nicht
lenkst mein leben jeden tag und bist furchtbar fuersorglich
ach, was waer ich ohne dich[…]

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Direktverstaatlichung: Farin Urlaub – Lieber Staat

… und, lieber Staat, was wärst Du ohne mich?

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