Dieses wunderbare Bild habe ich eben in der Diaspora* gefunden, und zwar bei Sokrates , einem dort sehr engagierten Beobachter der »Occupy«-Bewegung.
Zur »Occupy«-Bewegung wurde im Netz schon viel geschrieben und in der Öffentlichkeit schon viel gemeint. Prominentestes Beispiel ist hier sicherlich momentan der Herr Gauck.
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Upps, sorry, ich hab‘ hier heute Morgen einen halben Artikel veröffentlichen lassen. Ich wollte den eigentlich heute in den frühen Morgenstunden fertig geschrieben haben – und hab’s vergessen. Eieiei. Ok, das hole ich jetzt (17:00 Uhr) nach.
Das Bild war ja trotzdem schon gut. :-> Jetzt mögen also alle bitte nochmal und/oder weiter lesen. Danke.
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Er nennt diese Bewegung »unsäglich albern« und »hoffnungslos romantisch«. Recht hat er, und liegt damit voll daneben. Es ist albern vor einem Büromonsterhochhaus zu stehen und bunte Plakate in die Luft zu halten, und zu glauben, das würde die Menschen in diesem Geldpalast in irgendeiner Form beeindrucken. Es ist hoffnungslos romantisch anzunehmen, die gerechte Sache würde ausreichen, um in den Medien die notwendige positive Aufmerksamkeit zu erhalten. Es ist geradezu naiv, anzunehmen, unter den Protestlern befänden sich Leute, die genau wüssten, was und wie das Finanzsystem umgekrempelt werden muss.
Das stimmt alles schon. Das stimmt noch – bis jetzt. Doch zunächst mal zum Argument der »kleinen« Bewegung: Herr Gauck hat entweder vergessen, wie »Wir sind das Volk« begann, oder er verdrängt es, weil er tatsächlich in seinem Wunschsystem angekommen ist – im wahrsten Sinne des Wortes.
Wahrscheinlich ist ihm die Protestbewegung zu wenig fassbar, zu wenig verortbar. Was wollen die überhaupt? Da will doch jeder was anderes. Da ist vom Revoluzzer bis zum enttäuschten rechten Kapitalanleger alles vertreten. Wie soll das zusammen gehen? Chaos,Ponyhof und Luftschloss – alles in einer Bewegung. So ein Unfug.
Er hätte gerne, dass man dieses komplizierte Problem den »Fachleuten« überlässt, denn die Sache ist kompliziert und der kleine Mann ist gut beraten, die Sache denen zu überlassen, die das System kennen. Er meint damit wohl nicht unbedingt die Politiker und den Staat. Nein, die kennt er. Die haben das schonmal versaut.
Diese Fachleute, Herr Gauck, werden aber nicht mehr tun, als das System, von dem sie leben, am Leben zu erhalten. Sie denken, handeln und reparieren innerhalb dieses Systems. Dankeschön, aber soviel weiss sogar ich kleines Landei. Doch diese globale Protestbewegung richtet sich sehr bald nicht nur gegen ein paar Banken und Börsenplätze, sondern gegen das komplette Finanzsystem, welches die Menschen darin nur als Katalysatoren zur Gewinnerzeugung sieht. Dieses System produziert tatsächlich eine Grenze zwischen einem und neunundneunzig Prozent. Den »99%« wird es in immer kürzer werdender Zeit immer schneller schlechter gehen. Jeder, der noch keine von BILD, Super RTL und Bohlen vermatschte Birne hat, kann das erkennen. Die Menschen empören sich. Klar, wir in Deutschland stehen am Ende dieser Schlange. Alles Panikmache und Theorie, uns geht’s doch gut. Na, wenn diese Schlange sich mal nicht alsbald in den Schwanz beißt.
Klar, ist das bis jetzt albern und romantisch. Genau das ist aber der Grund, warum diese Bewegung Früchte tragen wird: weil Menschen so naiv und romantisch genug sind, um aufzustehen, und voran zu gehen, obwohl es zwecklos erscheint. Albernheit und Romantik sind die Werkzeuge, mit denen man das »Das-hat-doch-keinen-Sinn«-Argument aushebelt. Sie akzeptieren es einfach nicht. Sie ignorieren es. So einfach ist das. Es ist schon erschütternd, dass ein ehemaliger Bürgerechtler so etwas nicht erkennt. So schnell und gründlich funktioniert die Assimilation? Der Mann wurde mal »Systemkritiker« genannt.
Resistance is futile – not.
Den Herren Gauck dieser Welt fehlt ganz offensichtlich der Mut und die Phantasie für die Reformation des Kapitalismus in eine neue globale menschenwürdige Form. Ich habe auch keine Ahnung, wie das zu bewerkstelligen ist, aber ich vertraue auf eine Bewegung, die Nachdenken fordert und fördert, die nichts auf sich beruhen lässt, die Kraft und Ausdauer hat. Ob ich mich hier weit aus dem Fenster beuge? Ja, tue ich, denn ich halte das, was hier beginnt, für nicht umkehrbar, und ich werde mich beteiligen. Ob das in einigen Monaten noch eine »Occupy«-Bewegung ist, oder etwas anderes: Der Samen ist gelegt.
Noch sind es wenige, aber es werden mehr werden. Das System produziert den Nachschub, Herr Gauck. Warten sie nur, bis das kleine »Occupy« Zähne kriegt.