Wir leiden an Obsoleszenz

Was ist Obsoleszenz? Die Wikipedia hilft, wie so oft, weiter:

Der Begriff Obsoleszenz (Veralterung) bezeichnet die künstliche oder natürliche Veralterung eines Produktes. Das zugehörige Adjektiv obsolet (nicht mehr gebräuchlich sein, an Geltung verlieren, hinfällig) bezeichnet generell Veraltetes, meist Normen oder Therapien. (Obsoleszenz – Wikipedia)

Das hört sich ja noch recht harmlos an. Spannender wird es, wenn man mal unter 1.1 Geplante Obsoleszenz nachschaut. Da kann man dann nämlich lesen:

Die geplante Obsoleszenz ist Teil einer Produktstrategie. Beim Herstellprozess werden in das Produkt bewusst Schwachstellen eingebaut oder Rohstoffe von schlechter Qualität eingesetzt. Das Produkt wird schnell schad- oder fehlerhaft, kann nicht mehr in vollem Umfang genutzt werden und muss ersetzt werden (built-in-obsolescence). (Geplante Obsoleszenz)

Hier wird also nichts anderes beschrieben, als dass Hersteller ihre Sachen schlechter bauen, als sie könnten. Das Ziel dieser Strategie ist es, die Menschen dazu zu bringen, neue Produkte zu kaufen. Wir kennen das alle, wenn mal der heimische Drucker kaputt geht. Da wird im Zweifelsfall schon der Kostenvoranschlag des örtlichen Technikbetriebs teurer kommen, als der Kauf eines neuen Druckers. Da wir alle auf unser Geld schauen müssen, ist die Entscheidung klar: Neukauf.

Das prominente Beispiel für Obsoleszenz ist die Glühbirne. Schon in den 20er Jahren bildete sich ein Kartell von Produzenten, das aus der Erkenntnis heraus, dass eine lange Lebensdauer der Glühbirne den Kunden vom Neukauf und somit die Wirtschaft vom Gewinn abhält, beschloß, die Lebensdauer der Glühbirne für alle bindend zu begrenzen. Man nahm damals 1000 Stunden als Obergrenze. So lange sollte eine Glühbirne höchstens halten dürfen. Möglich war damals schon eine zehnfache Lebensdauer.

Dahinter steckt also, wie gelesen, die Absicht der Wirtschaft Konsum zu erzeugen. Die Obsoleszenz ist also der wichtige Grundpfeiler des Wirtschaftswachstums. Eine wirtschaftliche Logik, gerne von unseren Politikern in Wahlkämpfen als selig machendes Ziel und Versprechen verkauft, die unsere Gesellschaft in eine Wegwerfgesellschaft transformiert hat und Afrika und Asien riesige Elektro- und Chemiemülldeponien beschert hat

Die Geschichte um die Glühbirne, den Drucker und die Wegwerfgesellschaft hat noch wesentlich mehr Facetten, die alle erschreckend deutlich und spannend in dem Film „Kaufen für die Müllhalde“ dargestellt werden, der vor kurzem auf arte ausgestrahlt wurde. Man staunt, wenn man plötzlich Parallelen zwischen heutigen Technologie-Führern und Henry Fords Konkurrenten ziehen kann.

Der Film dauert ca. 75 Minuten und ist bei arte als Stream noch verfügbar. Ich kann ihn nur wärmstes empfehlen. Ginge es nach mir, wären dieser und ähnliche Filme Pflichtveranstaltungen für jeden Bürger. Wir müssen dringend Wege aus diesem Kreislauf finden, denn unsere Kinder und Kindeskinder werden uns verfluchen für dieses stetig wachsende Problem, welches uns in die Kapitalismusfalle treibt und unsere Welt in eine Müllhalde verwandelt.

Ich habe vor ein paar Tagen im Artikel „Konfliktminerale und Idioten“ über die Dokumentation „Blood in the Mobile“ – Der blutige Zusammenhang zwischen Handys und dem Bürgerkrieg im Kongo, ebenfalls bei arte ausgestrahlt, geschrieben. Dort schrieb ich folgenden Absatz:
Jeder Handybesitzer in diesem Land, mithin jeder, der dies liest, ist Schuld am Tod und am Elend von zigzehntausenden Menschen im Kongo, in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Fertig. Jeder. Vom Öko-Fuzzie bis zum Cayenne-Fahrer – jeder von uns.
Die Wahrheit ist wohl noch wesentlich dramatischer: Ebenso wie beim Bau unserer Mobilkommunikationsgeräte verletzten wir auch Menschenrechte, rauben Ressourcen und beuten aus, wenn wir im Wirtschaftswachstumswahn diese verseuchten, schlecht recyclebaren Geräte auf die Müllhalden der Entwicklungsländer werfen, um die nächste Produktgeneration zu erwerben. 

Die Frage allerdings ist, macht uns unser Konsum, unser stetes „Haben-wollen“ wirklich zufrieden? Es wird Zeit zu handeln. Im Film werden Ideen und Vorschläge zu Wegen aus dieser Misere angesprochen.

 

 

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