Quelle: vernetztesTor1
Es ist eine Illusion, zu glauben, dass im bekannten Internet eine eigene Domain und gemieteter Webspace, Plätze für die Ewigkeit sind. Ich weiß schon nicht mehr genau, wie oft ich von Server zu Server, von Host zu Host umgezogen bin. Vom eigenen Server bis zum Blog-Dienst hab’ ich alles durchprobiert. Einerseits, weil sich Lebensumstände und -ansichten geändert haben, andererseits, weil Technik sich ändert und ich auch schon immer ein Spielkind war, was alles ausprobieren wollte. Bei dieser Odyssee sind schon einige Daten auf der Strecke geblieben. Daten? So ein Blödsinn! Gedanken waren es. Gedanken in Texten und Bildern waren es. Jetzt sind sie weg. Teilweise.
Es ist nun nicht so, dass diese meine Gedanken, Bilder und Texte für die Welt von Wichtigkeit wären. Für mich waren sie es schon nicht, sonst hätte ich sie vielleicht pfleglicher behandelt. Pfleglicher? Wie hätte ich sie denn pfleglicher behandeln sollen? Ich habe Backups gemacht. Oh ja, das habe ich. Danach habe ich sie wieder in andere, neue Formate gepresst, auf andere Systeme portiert und wieder in andere Formate gewandelt, und so weiter. Dabei haben sie ihre Form verändert und ganz sicher sind dabei Teile des Inhalts auf der Strecke geblieben. Ich assoziiere gerade das Spiel “stille Post”.
Eins ist mir jedenfalls klar, nach all den Jahren im Netz der Netze: willst Du Gedanken wirklich dauerhaft aufbewahren, schreibe sie nieder – auf Papier. Meine Meinung, ganz ehrlich. Überlegt nur mal, welche Inhalte bei euch alleine durch das Sterben von Diskette und Video verloren gegangen sind, dann wisst ihr, wovon ich rede.
Das ist allerdings nur ein Aspekt der Geschichte. Der andere Aspekt ist die Frage, wo man es tut. Ich habe meine Erfahrungen in dieser Hinsicht mit Google gemacht, bei denen ich viel schrieb und die mich ganz urplötzlich nicht mehr so akzeptierten, wie ich bin. Stichwort: Pseudonym. Ruckzuck waren mein Account und meine Inhalte gesperrt. Da ich nun aber auch nur eine kleine Wurstscheibe im großen Fleischerladen Internet bin, interessiert den Fleischer Google überhaupt nicht, was ich dazu zu sagen habe. Gesperrt. Punkt. Meine Konsequenz daraus war, dass ich gegangen bin, weil ich’s mit der Demokratie und dem Gleichheitsprinzip doch ziemlich genau nehme. Die Promis bei Google+, denen gleiches passierte, wurden nämlich komplett anders behandelt. So was passt mir nicht. Ich will da nicht weg sehen und will mich da auch nicht zum Affen machen.
Genau so ist es nun bei Facebook und Herrn Domian. Die Geschichte in Kurzform: Er schreibt etwas – dem Konzern passt es nicht (warum und was, ist eine andere Frage und erstmal unerheblich) – der Konzern löscht es – Promi Domian schreit auf – Zehntausende schreien hinter her – der Konzern entschuldigt sich – Domian ist beruhigt und philosophiert – alles gut. Na ja, fast, denn Herrn Domian dämmert:
„So etwas darf man nicht mehr schreiben? Hier schon übt Facebook Zensur aus?“, fragt Domian empört: „Mir wird angst und bange bei der Vorstellung, in unserem Land würden politische Kräfte erstarken, die die Demokratie bedrohen. Eine vermeintlich demokratische Plattform wie Facebook würde wohl sofort des neuen Herrn Diener sein.“
via Facebook löscht Domian-Postings: Glaubensfragen – Medien – FAZ.
Willkommen im Internet kann ich da nur sagen. Ganz schön naiv, der Herr Domian. Hat der wirklich geglaubt, dass Plattformen wie Facebook und Google demokratisch sind? Die sind vor Jahren schon Diener eines anderen Herren geworden. Er nennt sich Geld: Zaster, Kohle, Money, Penunzen. Diese Pflanze muss man mit Gewinn pflegen, dann gedeiht sie. Der tolle Effekt, den Konzerne wie Google und Facebook dadurch haben, ist Anpassungsfähigkeit. So können sie auch in Ländern wie China überleben und wachsen. Ich werfe das diese Konzernen nicht vor, denn daraus wurde nie ein Geheimnis gemacht, und es ist auch nicht wirklich schlimm, im Gegenteil. Es funktioniert aber nur, weil diese Konzerne sich zuerst an wirtschaftlichen Belangen orientieren, und dann erst an Werten, wie Moral und Demokratie. Dabei achten sie dann aber auch zuerst immer auf die Stimmung der Masse, denn die bringt wiederum was? Richtig! Gewinn.
Einem Facebook-Nutzer muss doch folgendes klar sein: Was er/sie in Facebook schreibt und bildert, ist nicht für die Ewigkeit. Es gehört ja nicht mal ihm/ihr. Das steht deutlich in den AGB zu lesen. Er /sie unterwirft sich den Konventionen des Systems, was Länge und Art der Beiträge betrifft, wie sie verbreitet werden, und wo sie nicht hin dürfen. Bei den vielen Millionen Nutzern die Facebook hat, gehe ich mal davon aus, dass die Leute das so haben wollen.
Ich würde nichts, aber auch gar nichts, was ich von mir als wert und erhaltenswert betrachte, ausschließlich in einem dieser Netze aufbewahren. Das habe ich auch noch nie getan. Ich hatte und habe immer eigene Plätze im Netz, die dann in ein soziales Netz verlinkt werden. Mehr gibt’s nicht. Ich bin und bleibe in keinster Weise abhängig von Facebook oder anderen, auch nicht, was die Pflege von Kontakten angeht.
Jeder muss selber wissen, was richtig ist, aber glaube bitte keiner, dass Facebook und Konsorten demokratisch sind. Das waren die noch nie. Das sind einfach bloß Firmen, deren Kunden andere Firmen sind, nicht wir. Wir, die Nutzer sind das Kapital, die Produktionsmasse. Wir sollten wirklich alle zusammen auch zu überlegen beginnen, wie weit unsere Käuflichkeit und Bequemlichkeit gehen soll. Genau so, wie wir es beim Essen, bei der Energieversorgung und der Mobilität tun – hoffentlich. Wollen wir aber solche Firmen in einem demokratischen Rahmen halten, der ihnen ein gewisses Maß an Transparenz und Ethik abverlangt, dann sollten wir uns viel eher darum kümmern, dass die einzig wichtige Institution in dieser Sache, die EU, demokratisch flott gemacht wird: Lobbyist packt aus: EU vereinbart Gesetze im Hinterzimmer „komplett undemokratisch“. Da liegt der Hase im Pfeffer.
Herr Domian hat übrigens überlegt, in Zukunft ein eigenes Blog zu betreiben. Willkommen im Netz.